Rückblick 2020

«Black & Queer» als Fokus und «Queer Porn» als Überraschung
Bereits zum 19. Mal zeigte das «PinkPanorama Filmfestival Luzern» LGBTQI+-Filme aus aller Welt. Rund 680 Besucher*innen liessen sich in diesem Covid-19-Jahr vom vielfältigen und anspruchsvollen Programm begeistern. Viele Leute bedankten sich beim OK, dass sie einen Bissen Kultur, Unterhaltung aber auch sozialen Austausch haben durften.

Der Fokus auf «Black and Queer» sensibilisierte die Zuschauenden für die bestärkenden Mehrfachzugehörigkeiten, aber auch für die Mehrfachdiskriminierungen, denen queere Schwarze Menschen ausgesetzt sind. Der Dokumentarfilm «Our Dance Of Revolution» rief allen ins Bewusstsein, dass rassistische Strukturen auch in der queeren Community zu Ausgrenzungen und Diskriminierungen führen. Im Jahr 2016 brachte die «Black Lives Matter»-Bewegung in Toronto sogar die Pride zum Stillstand – aus Protest auch gegen die Tatsache, immer wieder als Feigenblatt für Diversity herhalten zu müssen, ohne mit der nötigen finanziellen Unterstützung ausgestattet zu werden. Kathy Bajaria vom Programmations-Team erinnerte in ihrer Ansprache zum Film daran, dass die Pride von Menschen wie Marsha P. Johnson ins Leben gerufen wurde, die zu den Vulnerabelsten gehören: queer, trans, Schwarz, in der Sexarbeit tätig. In der anschliessenden Diskussionsrunde wurde ebenfalls deutlich, wie fremd sich Schwarze Menschen in von weissen dominierten queeren Communities fühlen können. Aus dem Gespräch kristallisierte sich auch heraus, wie Schwarze Menschen und People of Colour der queeren Bewegung mit ihrem Mut und ihrem Wissen immer wieder neue Impulse geben und wie wichtig es wäre, ihnen auch in der Schweizer Community mehr Gehör zu schenken.

Ein anderer Schwerpunkt am Filmfestival waren die «Queer Porn Shorts», die vom Queergestreift-Festival in Konstanz kuratiert wurden und denen das «PinkPanorama» eine Plattform gab, weil das Festival in Konstanz coronabedingt abgesagt werden musste. Das Ganze war eingebettet und kontextualisiert in einem Rahmenprogramm. Alizé Rose-May Monod erläuterte per Videobotschaft, wie sich Queer Porn von heteronormativen Mainstream-Produktionen unterscheidet, die den sogenannten «male gaze» bedienen und Frauen zum Objekt degradieren.

Weitere Highlights am Festival waren unter anderem die beiden Klassiker, die ganz offensichtlich auch heute noch berühren: «The Beautiful Thing» und «The Watermelon Woman», beide aus dem Jahre 1996. Aber auch neue Spielfilme wie «Moffie» oder «Deux» waren sehr gut besucht, ebenso der Dokumentarfilm «Petite fille»: Ein berührendes Porträt über die heute achtjährige Sasha, die sich als Mädchen fühlt, aber im Körper eines Jungen geboren wurde. Der Film machte deutlich, dass sich Menschen bereits als Kind mit der eigenen Gender-Identität auseinandersetzen können.

Medienberichte zum Filmfestival sind auf der Medienseite zu finden. > Medien

 


Jacqueline und Samyra beim Aufbau der PinkBar am Eröffnungstag. In diesem Jahr war die Bar aufgrund von Covid-19 im Erdgeschoss neben der Bourbaki Bar im Erdgeschoss situiert.


Diskussion nach dem Film «Our Dance of Revolution» über das Fokusthema «Black & Queer» mit (v.l.n.r) Kathy Bajaria (Leitung), Keiran Chapatte (DJ, Produzent, Aktivist, Koch, B2B2B / Lausanne), Serena Dankwa (Aktivistin, Co-Geschäftsleitung LOS – Lesbenorganisation Schweiz, Bern) und Angela Addo (Aktivistin Luzern).

Die Abschlussfrage war: “Was sollten wir alle denn eigentlich machen oder anders machen?” Hier die Empfehlungen der Teilnehmenden.
Keiran Chapatte:
Remain informed on the violence and descrimination against the black queer community and hold queer organisations accountable.
Hire black people. Create visibility for the black queer youth. We are seen as black people before other any layers of our identity. Support your local anti-racist group.

Serena Dankwa:
Ich wünsche mir eine vielfältige queere Bewegung, die intersektional ist und von unten her denkt. D.h. Organisationen, die sie sich immer wieder an den Menschen orientieren, die am stärksten marginalisiert sind. So sind es oft die mehrfachdiskriminierten Queers, die leer ausgehen und deren Kämpfe am schnellsten wieder unsichtbar werden. Ich denke an Schwarze trans Sexarbeiterinnen aber auch an alleinlebende, ältere lesbische Frauen, an bisexuelle geflüchtete Mütter oder an queere Männer mit einer Behinderung. Ohne ihre Erfahrung kommen wir nicht weiter in unseren Communities.

Angela Addo:
Zuhören, die Forderungen ernst nehmen und sie aushalten.


Unmittelbar vor dem Queer Porn Shorts Programm kamen die Zuschauenden in den Genuss der Performance «Guter Sex #2» von Künstlerin Jeanne Jacob. Sie stellte rhetorische Fragen zur Sexualität und verleibte sich zugleich Blatt für Blatt einer Artischocke ein, ganz offensichtlich ein Sinnbild für körperliche Intimitäten.


Joana und Kathy bei der Ticketkontrolle vor dem Kinoeingang. Martin im Projektionsraum des stattkinos, von wo aus einige OK-Mitglieder die ausverkauften Filme schauten. Es galt eine Obergrenze von 50 Personen im Kino.


Die PinkBar hatte in diesem Jahr Tische, wo man sich zu einem PinkDrink mit Schwatz niederlassen konnte.


«Vio la Cornuta» als sexy Bedienung an der PinkBar.


Vorstandsmitglied Jacqueline bei ihrer Eröffnungsrede im Kino.


Joana und Marco bei der Ansage des Kurzfilmprogramms aus der Perspektive des Projektionsraumes.


Der Fotograf des Anzeiger Luzern (links) will in diesem Jahr von Marco genaustens wissen, wie man die Namen der fotografierten Personen buchstabiert.


Nach dem Festival ist vor dem Festival. Alles ist wieder eingepackt für das Jubiläumsjahr 2021.

 

Herzlichen Dank an die Fotografin:
© Manuela Specker

> Rückblick des Jahres 2019
> Rückblick der Jahre 2002-2018

 

Teile diesen Artikel via: