Überleben in Neukölln

Rosa von Praunheim, D 2017, 82 Min., D/E/d
Schweizer Erstaufführung

Sonntag, 12. November, 18.00 Uhr, stattkino

Das Zentrum des Films ist Stefan Stricker, der sich Juwelia nennt und seit vielen Jahren eine Galerie in der Sanderstrasse in Berlin Neukölln betreibt. Hier lädt er an jedem Wochenende Gäste ein. Er erzählt ihnen schamlos aus seinem Leben und unterhält sie mit poetischen Liedern, die er mit seinem Freund geschrieben hat. Juwelia war ihr Leben lang arm und sexy, hat stets um Anerkennung gekämpft, sie aber nur teilweise bekommen. Der Film begleitet sie nach New York, wo sie zum ersten Mal eine Ausstellung hat und dort auch auftritt.
Neben Juwelia treffen wir die 89-jährige Frau Richter, die im Alter von 50 Jahren nach Neukölln zog, um hier mit einer Frau glücklich zu werden. Wir treffen den androgynen kubanischen Sänger und Tänzer Joaquin la Habana, der mit seinem Mann zusammenlebt. Sein 17-jähriger Sohn ist stolz auf ihn.
Und wir begegnen der syrischen Sängerin Enana, die nach ihrer dramatischen Flucht hofft, in Berlin ein freieres Leben führen zu können – als Frau und als Lesbe.
Im Anschluss Kurzauftritt von Juwelia im stattkino.

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Interview von Urszula Usakowska-Wolff

Dein Künstlername ist Juwelia Soraya. Weil du so kostbar bist wie ein Juwel und so schillernd wie die einstige persische Märchenprinzessin?
Juwelia: Den Namen hat mir mal ein Freund gegeben, als ich mich zum ersten Mal als Frau angezogen habe. Da habe ich mir ein Channel-Kostüm genäht mit einem lila Glitzerrock und einer grauen Jacke. Ich habe dazu ganz viele grosse goldene Ketten und ein lila Stirnband im langen schwarzen Haar getragen.

1991 warst du auf dem Cover des «Zeit»-Magazins als schönster weiblicher Mann in Berlin. Wie kam es dazu?
Dahinter steckt ein Fotograf aus Dortmund, den ich in Frankreich kennengelernt habe. Er hat mich immer in Berlin besucht und fotografiert, in allen Positionen.

Warum bist du immer ein Geheimtipp geblieben, die ewige Underground-Artistin?
Man sagt immer von mir «Underground», obwohl ich mich nicht als Underground sehe. Um aufzutreten, muss man aus einer Szene kommen, und das ist nicht mein Fall. Ich komme nicht aus der Schwulenszene. Ich bin irgendwie ein Einzelgänger, der unter einer Glasglocke lebt, so ein bisschen autistisch.